Therapie der Harnleiterstriktur

Verengungen des Harnleiters erfordern spezifische Operationstechniken, die von den folgenden Faktoren abhängig gemacht werden müssen:

  • anatomische Lokalisation der Harnleiterenge: proximales, mittleres oder distales Drittel
  • Ausdehnung der Harnleiterstriktur
  • Begleiterkrankungen oder Voroperationen des Patienten
  • Vorausgegangene Strahlentherapie im geplanten Operationsgebiet
  • Lebenserwartung des Patienten bei Harnleiterverengung durch z.B. eine Metastase

Prinzipiell stehen rekonstruktive Operationsverfahren sowie palliative Therapieverfahren zur Diskussion. Den rekonstruktiven Verfahren ist bei Patienten in gutem Allgemeinzustand und ohne schwerwiegende Begleiterkrankungen oder Voroperationen immer der Vorzug zu geben. In allen anderen Situationen ist die Harnleiterenge durch die Einlage einer inneren oder äußeren Ableitung zu überbrücken.
Insbesondere bei Patienten mit einer metastasierten Grunderkrankung sollte bei einseitiger und asymptomatischer Harnstauungsniere die Indikation zur Anlage einer inneren oder äußeren Ableitung aufgrund der möglichen assoziierten Nebenwirkungen und Verschlechterung der Lebensqualität intensiv mit den Patienten und deren Angehörigen diskutiert werden. 

Strikturen im distalen Drittel des Ureters

OP-Technik

Strikturen des Ureters im unteren Drittel werden durch die Resektion des verengten Uretersegmentes mit einer nachfolgenden Harnleiterneuimplantation in die Blase versorgt. Dabei wird der Harnleiter zunächst über einen hockeyförmigen Schnitt im Bereich der Leiste freigelegt. Der Harnleiter wird über diesen Zugang bis zur Mündungsstelle in die Harnblase mobilisiert und an der Blase abgesetzt. Nunmehr kann die Mobilisation des Harnleiters in Richtung Niere durch vorsichtige Präparation unter Erhalt der Blutversorgung erfolgen. Die Präparation erfolgt ca. 3-4cm über das verengte Segment hinaus, um hernach eine spannungsfreie Neuimplantation in die Harnblase zu ermöglichen. Das verengte Segment des Ureters wird reseziert, so dass für die Neueinpflanzung des Harnleiters eine gut durchblutete Harnleiterwand und Harnleiterschleimhaut zur Verfügung stehen. Für die nachfolgende Harnleiterneuimplantation stehen in Abhängigkeit der Länge des resezierten Harnleitersegmentes 2 Operationstechniken zur Verfügung: Psoas-Hitch bzw. Boari-Plastik. Die Psoas-Hitch Technik kann bei Strikturlängen von 3-4cm und normaler Blasenkapazität angewendet werden, der Boari-Lappen wird bei Harnleiterengen von bis zu 7-8cm angewendet. Bei längeren Strikturen ist der komplette Ersatz des Harnleiters erforderlich. Bei der Psoas-Hitch Technik wird die Harnblase am Blasenscheitel in querer Richtung eröffnet und zipfelförmig in Richtung des betroffenen Ureters mobilisiert. Der Blasenzipfel wird mit Haltenähten auf der Vorderfläche des M. psoas fixiert, um nachfolgend den Ureter spannungsfrei in die Blase implantieren zu können. Der Ureter wird mit einer inneren Schiene versorgt, die Harnblase wird nach Verschluss mit einem transurethralen Dauerkatheter abgeleitet. Der Dauerkatheter verbleibt für 5 Tage bevor mit einer Röntgenuntersuchung (Zystogramm) die Dichtigkeit der Harnblase überprüft wird. Die Harnleiterschiene verbleibt für 14 Tage im Ureter und wird ambulant über eine Blasenspiegelung (Zystoskopie) entfernt.

Für die Boari-Plastik wird nach der Mobilisation der Harnblase aus der Vorderwand der Harnblase ein ca. 8cm langes und 3cm breites Segment als gestielter Blasenlappen unter Erhalt seiner eigenen Blutversorgung isoliert, das in Richtung des betroffenen Harnleiters nach oben geschwenkt werden kann. Der Harnleiter wird durch eine fortlaufende Naht mit diesem Segment verbunden, das nachfolgend tubulär verschlossen wird. Auch in diesem Falle erfolgt die Harnableitung über einen Dauerkatheter für 5 Tage und eine innere Harnleiterschiene für 14 Tage.

Am Tag nach der Schienenentfernung ist eine Ultraschalluntersuchung der Niere erforderlich, um eine nachfolgende Stauung auszuschließen. Dabei ist zu beachten, dass das Nierenbecken nach langer präoperativer Stauung trotz adäquater Anastomose immer erweitert aussehen wird und sich ggfs. erst über Monate wieder verkleinert.

Strikturen im mittleren Harnleiterdrittel

Bei kurzstreckiger Verengung (< 1-1.5cm) kann eine End-zu-End Anastomose des Harnleiters nach Resektion des vernarbten Segments erfolgen. Hierzu werden das obere und untere Ende des verbliebenen Ureters eingekerbt (spatuliert) und nachfolgend mit einer Naht zunächst der Hinterwand anastomosiert. Es erfolgt die Einlage einer inneren Harnleiterschiene und die fortlaufende Naht der Vorderwand. Die innere Harnleiterschiene verbleibt für 2-3 Wochen und wird ambulant über eine Blasenspiegelung (Zystoskopie) entfernt. Am Tag nach der Schienenentfernung ist eine Ultraschalluntersuchung der Niere erforderlich, um eine nachfolgende Stauung auszuschließen. Dabei ist zu beachten, dass das Nierenbecken nach langer präoperativer Stauung trotz adäquater Anastomose immer erweitert aussehen wird und sich ggfs. erst über Monate wieder verkleinert.

Bei langstreckigen Strikturen kann eine End-zu-End Anastomose nicht erfolgen, sondern der Harnleiter muss entweder (1) durch ein kurzes Segment aus körpereigenem Dünndarm (siehe Ureter-Ileum-Interponat) ersetzt werden oder (2) der Harnleiter kann mit seinem oberen Anteil auf die Gegenseite geführt und mit dem gegenseitigen Harnleiter verbunden (Trans-Ureteroureterostomie) werden, (3) durch eine renale Autotransplantation in das kleine Becken verlagert werden, oder (4) der Ureter kann durch einen pyelovesikalen Bypass vom Nierenbecken zur Harnblase umgangen werden.

Eine weitere Option besteht in der Einlage eines Memokath-Stents, der den Ureter im Sinne eines Platzhalters offenhält. 

Ureter-Ileum-Interponat
Schematische Darstellung des Ureter-Ileum-Interponats, welches sowohl den rechten als auch den linken Harnleiter ersetzen kann

Bei dieser Operationstechnik wird der Ureter komplett vom Nierenbecken bis zur Harnblase mit einem ca. 30cm langen Segment des terminalen Ileums ersetzt. Das Dünndarmsegment wird ca. 30 cm oralwärts der Bauhin’schen Klappe ausgeschaltet, um die Resorption von Vitamin B12, Folsäure und Gallensalzen nicht zu gefährden. Die Kontinuität der Dünndarmschlingen zwischen dem ausgeschalteten Segment wird durch eine Klammernaht wiederhergestellt. Das ausgeschaltete Dünndarmsegment wird nun in Richtung seiner eigenständigen Peristaltik zunächst mit dem Nierenbecken anastomisiert, so dass ein Urintransport vom Nierenbecken in Richtung Harnblase gewährleistet ist. Die Harnblase wird wie oben beschrieben mobilisiert und zwischen Haltefäden eröffnet. In das Ileumsegment wird eine innere Harnleiterschiene eingelegt, die bis zum Nierenbecken reicht. Nunmehr wird das Ileumsegment mit der Harnblase anastomosiert, die Harnblase nach Einlage eines suprapubischen Blasenkatheters verschlossen. Zusätzlich erfolgt die Einlage eines transurethralen Dauerkatheters, der für 7 Tage belassen wird. Bei normaler Miktion kann der suprapubische Katheter am Folgetag entfernt werden. Die innere Harnleiterschiene verbleibt in aller Regel 4 Wochen bevor diese ambulant über eine Blasenspiegelung entfernt wird.

Folgende Komplikationen dieser komplexen rekonstruktiven Operation können auftreten:

  • Nahtinsuffizienz am Darm mit der Notwendigkeit einer Re-Operation in 1-2%
  • Verwachsungen am Darm in 2-3%
  • Nahtinsuffizienz an der Anastomose Dünndarm – Nierenbecken in 2-3%
  • Harnwegsinfektionen in 5-10%
  • Narbige Verengung an der Naht Dünndarm – Nierenbecken bzw. Dünndarm-Blase in ca 2%
Transuretero-Ureterostomie
Ausscheidungsurografie eines rechtsseitigen Ureter-Ileum – Interponats

Bei dieser Operationstechnik wird der betroffene Harnleiter oberhalb der Striktur durchtrennt und auf die Gegenseite geführt, um im Sinne einer End-zu Seit-Anastomose ypsilonförmig mit dem gesunden Harnleiter verbunden zu werden. Zur Anastomose wird der gesunde Ureter über eine Strecke von ca. 2-3 cm längs eröffnet. Der betroffene Ureter wird über eine entsprechende Länge spatuliert. Es wird dann die Anastomose mit feinen Nähten, 5-0 PDS, zuerst an der Hinterwand genäht bevor eine endoluminale Ureterschiene platziert und auch die Vorderwand vernäht wird. Die Harnleiterschiene verbleibt ca. 3-4 Wochen bevor diese über eine Blasenspiegelung ambulant entfernt werden kann.

Diese Art der Harnleiterrekonstruktion wird nur sehr selten durchgeführt, da eine relativ hohe Gefahr der narbigen Verengung der Anastomose besteht und eine ausreichende Länge des Ureters Voraussetzung sind.

Renale Autotransplantation
Einlegen des Detour-Systems in das Nierenbecken
subkutanes Tunneln bis in den Bereich der Harnblase
Platzieren des Systems in die Blase

Erfasst die Striktur das gesamte mittlere Drittel oder die beiden unteren Drittel des Ureters kann die Niere in das kleine Becken verlagert werden. Dabei werden die Nierenvene und die Nierenarterie an der Bauchaorta sowie der unteren Körperhohlvene (V. cava inferior) bzw. der Ureter oberhalb der Striktur abgesetzt. Die Nierengefäße werden nachfolgend gespült, um eine Thrombusbildung innerhalb der kleinen Nierengefäße zu verhindern. Im kleinen Becken werden die A. und V. iliaca externa auspräpariert, um die Gefäßanastomose mit den Nierengefäßen vornehmen zu können. Der Ureter wird im Sinne einer antirefluxiven Technik in die Harnblase implantiert und mit einer Harnleiterschiene für 2 Wochen geschient.

Die renale Autotransplantation erfordert eine hohe chirurgische Expertise, kann aber als gute Alternative zu einem Ureter-Ileum-Interponat Verwendung finden.

Pyelovesikaler Bypass (Detour – System)
Einlegen des Detour-Systems in das Nierenbecken
Subkutanes Tunneln bis in den Bereich der Harnblase
Platzieren des Systems in die Blase

Bei dem Detour – System handelt es sich um eine großlumige Prothese, die das Umgehung des verengten Harnleiters eingesetzt werden kann. Diese Form der Urinableitung wird insbesondere bei älteren Patienten oder bei Patienten mit einer eingeschränkten Lebenserwartung angewendet, bei denen aufgrund der Begleiterkrankungen ein Ureter-Ileum-Interponat oder eine renale Autotransplantation nicht in Frage kommen.

Das Detour-System wird derart platziert, dass das obere Ende im Nierenbecken zu liegen kommt und das untere Ende über einen von der Niere ausgehenden subkutanen Tunnel in die Harnblase platziert wird. Das obere Ende der Prothese wird über einen kleinen Schnitt in der Flankenregion perkutan in das Nierenbecken eingelegt; das untere Ende wird über einen kleinen Schnitt am Unterbauch in die Harnblase eingenäht. Am Ende der Operation wird ein transurethraler Blasenkatheter für 5 Tage eingelegt, bevor über ein Cystogramm die Dichtigkeit der Naht geprüft wird.

Permanenter Harnleiterstent
Darstellung eines permanenten Harnleiterstents
Platzierung eines Memokath – Stents im linken Ureter
endoskopischer Blick auf den im Ureter liegenden Stent

Bei dem permanenten Harnleiterstent (Memokath®) handelt es sich um eine endoluminale Harnleiterprothese, die über eine Cystoskopie und unter radiologischer Kontrolle retrograd in den Ureter eingebracht wird. Zur exakten Platzierung wird zunächst eine retrograde Ureteropyelografie durchgeführt, um die Lokalisation und die Länge der Striktur exakt bestimmen zu können. Über einen Führungsdraht wird der selbstexpandierende Stent so über die Striktur gelegt, dass die Enden des Stents diese sicher überbrücken. 

Strikturen im oberen Harnleiterdrittel

OP-Technik

Strikturen in dieser Region stellen die seltenste Lokalisation dar und sind meist auf zurückliegende operative Eingriffe wie Nierenbeckenplastik, perkutane Neprolitholapaxie oder retrograde Steinmanipulationen zurückzuführen.

Die operative Korrektur ist komplex und muss dabei neben der Ausdehnung der Striktur auch die Anatomie des Nierenbeckens berücksichtigen. Bei deutlich dilatiertem und vergrößertem Nierenbecken - meist nach fehlgeschlagener Nierenbeckenplastik - kann die Striktur ausgeschnitten und mit einem sogenannten Siegellappen, d.h. einem vaskularisierten Lappen aus der Vorderwand des Nierenbeckens, überbrückt werden. Bei kurzstreckiger Verengung – meist nach endourologischen Manipulationen - kann eine Nierenbeckenplastik erforderlich werden. Bei einer längeren Striktur kann eine Anastomose des Ureters an die untere Kelchgruppe der Niere nach Unterpolresektion erforderlich werden.