Therapie der gutartigen Prostatavergrößerung

Operative Therapien

Die relative Notwendigkeit einer operativen Therapie ist gegeben, wenn die Symptome der gutartigen Prostatavergrößerung trotz medikamentöser Therapie weiterbestehen oder sich verschlimmern. Eine absolute Notwendigkeit zu einer operativen Therapie besteht bei wiederkehrenden Harnverhalten, wiederkehrenden Harnwegsinfekten, wiederkehrender Blutbeimengung im Urin, Harnblasensteinen, Nierenversagen und großen Aussackungen der Blasenwand (Harnblasendivertikeln). Ganz aktuell steht zur Behandlung einer klinisch symptomatischen, artdiagnostisch gutartigen Vergrößerung der Prostata (Prostatahyperplasie) neben den klinisch bewährten endoskopischen (Transurethrale Prostataresektion) und offenen Operationsverfahren (Prostata-Adenomektomie) die transarterielle katheter-basierte Prostata-Embolisation als minimal-invasive Behandlungsalternative zur Verfügung.

Transarterielle katheter-basierte Prostata-Embolisation

Bei dieser Therapie wird die Blutzufuhr zur Prostata endoluminal unterbunden, nachdem ein kleiner Katheter über die Femoralarterie an der Leiste des Patienten unter Röntgendurchleuchtung und Kontrastmitteldarstellung in die die Prostata versorgenden Blutgefäße eingebracht wird. Sind die Blutgefäße der Prostata identifiziert, wird über den Katheter eine die arteriellen Gefäße verklebende Substanz eingebracht, die die kleinen Arterien verschließt. Die Drosselung der Durchblutung führt im Ablauf weniger Wochen über eine Schrumpfung des Drüsenparenchyms zu einer Abnahme der Kompression der Harnröhre. Auf diesem Weg kann eine ausreichende Besserung des klinischen Beschwerdebildes erreicht werden, oder, im Fall einer unzureichenden Symptomlinderung der Umfang einer nachfolgenden Operation durch die vorangegangene Embolisation reduziert werden. Das Verfahren ist derzeit nur an vereinzelten spezialisierten Zentren in Deutschland verfügbar und wird dort in enger Kooperation zwischen Urologie und Radiologie überwiegend im Rahmen klinischer Vergleichsstudien evaluiert. Der Eingriff erfolgt in örtlicher Betäubung unter stationären Bedingungen und ist mit einem 2-3 tägigen Aufenthalt verbunden.

Patienten mit folgenden Voraussetzungen können in unserer Sprechstunde zur Beratung vorgestellt werden

  • Männer > 40 Jahre
  • Klassische Indikation zur TUR-P
  • Refraktärität der Symptome trotz medikamentöser Therapie über 3 Monate
  • Prostatavolumen zwischen 40 und 180ml
  • IPSS ≥ 18
  • Uroflow < 12 ml/Sec
  • Lebensqualitätsindex(QoL ≥3)

Patienten mit den folgenden Befunden müssen von der Embolisationstherapie ausgeschlossen werden

  • Ausgeprägte Arteriosklerose
  • Neurogene Blasenentleerungsstörung
  • Adenokarzinom der Prostata oder anderes Malignom
  • Niereninsuffizienz mit einer GFR < 60 ml/min
  • Kontraindikationen für ein MRT
  • Divertikel der Blase
  • Akuter Harnverhalt
  • Akuter Harnwegsinfekt

Informationsbroschüre zur Prostataarterien-Embolisation (PAE)

Transurethrale Prostataresektion (TURP)

Hauptsächlich wird in unserer Klinik die Transurethrale Prostataresektion (TURP) durchgeführt. Hierbei wird ein Endoskop durch die Harnröhre eingeführt und das vergrößerte Prostatagewebe mit einer Resektionsschlinge unter Wechselstrom abgetragen. Eine leitfähige Spüllösung (meist Kochsalzlösung), die unter kontrolliertem Druck in die Blase instilliert wird, dient zur Stromleitung, Kühlung und zum Ausspülen von Geweberesten.

Eine TURP dauert, je nach Größe der Prostata zwischen 20 und 80 Minuten. Wichtig zu wissen ist, dass nur das innere Gewebe der Prostata abgetragen wird. Die Prostatakapsel wird erhalten, so dass eine regelmäßige Prostatakrebsvorsorge auch nach dem Eingriff erforderlich ist.

Als alternatives endoskopisches Verfahren steht in unserer Klinik die Verdampfung der Prostata (TURiS Plasma Vaporisation) zu Verfügung.  Dies ist eine Ergänzung der etablierten Methode der TUR-Prostata. Durch den bipolaren, lokal begrenzten Stromfluß und die Verwendung physiologischer Kochsalzlösung als Spülflüssigkeit, wird das umgebende Gewebe und die Nerven geschont.

Das UroLift ®-Verfahren  ist eine „minimalinvasive“ operative Technik zur Behandlung der gutartigen Prostata-Vergrößerung. Durch die Verankerung von Titanclips im vergrößerten Prostatagewebe, wird dieses komprimiert und der Harnfluß kann wieder ungehindert erfolgen. Dies ist ein schonender und nahezu blutungsfreier Eingriff. Allerdings handelt es sich hierbei um ein relativ „neues“ Therapieverfahren, bei dem Langzeitergebnisse noch fehlen.

Ein experimenteller Ansatz, der aktuell in Studien geprüft wird, ist die sogenannte Prostata-Embolisation. Hierbei werden über eine Beckenarterie  mittels eines dünneren Katheters kleine Kunststoffpartikel in die Prostataarterien eingebracht (Embolisation), wodurch die versorgenden Arterien verschlossen werden und es in der Folge zu einer Verkleinerung der Prostata kommt.

Bei sehr großen Prostatavolumina besteht auch die Möglichkeit einer offenen Prostataausschälung (suprapubische Adenomenukleation), bei der über einen Unterbauchschnitt das vergrößerte Prostatagewebe durch die Blasenentfernt wird.

Holmium-Laser-Enukleation der Prostata (HoLEP)

Darstellung HoLEP-Verfahren, Grafik: Uniklinik Köln

Die Holmium-Laser-Enukleation der Prostata (HoLEP) ist in den letzten Jahren zum Goldstandard in der operativen Therapie des benignen Prostatasyndroms geworden. Die Operation erfolgt durch die Harnröhre. Die HoLEP entfernt mittels Laser die gutartig vergrößerten Anteile der Prostata anatomisch und vollständig. Die Operation kann relativ unabhängig von der Größe der Prostata durchgeführt werden und ersetzt gerade bei großen Prostatadrüsen die offene Operation. Verglichen mit der transurethralen Resektion der Prostata (TURP) ist die HoLEP effektiver, führt seltener zu Blutungen und Transfusionen und führt nicht zu einem TUR Syndrom, d.h. Elektrolytverschiebungen im Blut, welche lebensbedrohlich werden können (Ahyai et al. Eur Urol 2010, Cornu et al. Eur Urol 2015). Die HoLEP hat eine kürzere postoperative Katheterversorgung mit kürzerem Krankenhausaufenthalt. Die Aufnahme ist einen Tag vor der Operation. Am zweiten Tag nach der Operation wird der Katheter entfernt und am Folgetag erfolgt nach einer Ultraschallkontrolle die Entlassung.  In ca. 20% der Fälle zeigt sich nach der Operation ein vorrübergehender imperativer Harndrang, auch teils mit Inkontinenz. In nur 0,5% der Fälle verbleibt die Dranginkontinenz (Elsmany et al. J Urol  2011). Wir empfehlen ein Beckenbodentraining nach Entlassung durchzuführen.

Empfehlung für 4 bis 6 Wochen nach der Operation:

  • täglich 1-2 Liter Wasser trinken
  • nicht schwerer als 5 kg heben
  • anstrengende sportliche Übungen und das Fahrradfahren vermeiden
  • Thermalbäder und Saunen meiden
  • Verstopfungen durch Anpassung der Ernährung vermeiden
  • Geschlechtsverkehr 2-3 Wochen vermeiden
iTIND

Was ist iTIND?

iTIND ist ein Körbchen, welches in die Prostataloge gelegt wird. iTIND ist eine 5 Tage Behandlung, die für die ischämische Inzision der Prostata und des Blasenhalses entwickelt wurde. Diese kurze und blutungsarme Prozedur soll zur schnellen Verbesserung von BPS Symptomen führen. Implantiert für nur 5 Tage, remodelliert iTIND die prostatische Harnröhre. Durch Ischämie und Nekrose werden neue Kanäle, durch den der Urin abfließen kann, gebildet. Es erfolgt weder eine Resektion oder eine thermische Beeinflussung des prostatischen Gewebes.

 iTind ist eine Lösung für Patienten, die:

  • ihre sexuellen Funktionen erhalten möchten 
  • die eine alternative Therapie zur Medikamenteneinnahme suchen oder bei denen eine Medikation nicht funktioniert 
  • die eine alternative Therapie zur Chirurgie suchen oder die für einen chirurgischen Eingriff nicht geeignet sind 
  • die schnell in den Alltag nach dem Eingriff zurückkehren möchten 
  • mit Harnverhalt 

Wie funktioniert iTIND?

iTIND, bestehend aus Nitinol, wird in der prostatischen Harnröhre in zusammengefalteter Form platziert. Einmal platziert, entfalten sich die Streben des Stents und üben longitudinalen Druck auf die prostatische Harnröhre und den Blasenhals aus im Bereich von 12, 5 und 7 Uhr. Über die folgenden 5 Tage erfolgt Ischämie, Nekrose und Narbenbildung welche tiefe longitudinale Kanäle erzeugt, die den Abfluss des Urins ermöglichen. 

iTIND wurde speziell für einfache und akkurate Positionierung in der prostatischen Harnröhre entwickelt, um eine Verletzung der Samenleiter oder des Blasenschließ-muskels zu vermeiden. Dadurch wird das Risiko einer retrograden Ejakulation, erektiler Dysfunktion oder Inkontinenz minimiert 

Am 5. Tag nach der Insertion wird iTIND vollständig entfernt. Die neu entstandenen Kanäle ermöglichen eine Verbesserung der Symptome für Jahre.

Implantation

In der Regel werden Sie während des Eingriffs sediert sein. Das Einsetzen und Entfernen des iTIND ist in der Regel schnell durchzuführen. Nach der Implantation des iTIND stellen die meisten Patienten einen verstärkten Harndrang fest und können ohne Katheter nach Hause gehen. 

Sollten Sie nach der Platzierung des iTIND nicht Wasserlassen können, ist ein Katheter eventuell kurzzeitig notwendig, um der Blase Entspannung zu verschaffen. Dieser Katheter kann in der Regel kurzfristig wieder entfernt werden und Sie können nach Hause entlassen werden. 

Während der nächsten 5 – 7 Tage formt das iTIND neue Kanäle in der Prostata: 

Während dieser Zeit wird ein Faden vom iTIND bis zu Ihrer Penisspitze führen, der dort festgeklebt wird. Schneiden Sie diesen nicht durch oder ab oder beschädigen Sie diesen! Der Faden ist notwendig, um die Entfernung des iTIND durchzuführen.

Was passiert während der Implantationszeit?

Während der 5 – 7 Tage in denen das iTIND implantiert ist, berichten die meisten Patienten von leichten bis moderaten Beschwerden – je nach individuellem Patientenempfinden. Während das iTIND eingesetzt ist, könnten Sie Folgendes empfinden und erfahren:

  • Leichtes Brennen beim Wasserlassen. 
  • Etwas Blut im Urin und eventuell das Ausscheiden von kleinen Blutklümpchen. Dieses tritt in der Regel in den ersten drei Tagen nach dem Einsetzen des iTIND auf. 
  • Ein häufigerer und verstärkter Harndrang. Das iTIND übt etwas Druck auf den Bereich wo die Prostata in die Blase übergeht aus. Dieses wird in der Regel in den ersten 2 – 3 Tagen vermehrt wahrgenommen – danach nimmt das Gefühl in der Regel ab. Eventuell wird man Ihnen schmerzlindernde Medikamente verschreiben. 
  • Ein leichtes Druck- oder Fremdkörpergefühl in der Nähe Ihres Dammes kann auftreten. Manche Patienten empfinden das, speziell beim Sitzen, als unangenehm. Dafür können wir entsprechende schmerzlindernde oder entzündungshemmende Medikamente vorsorglich verschreiben. 
  • In der Regel wird vorbeugend ein Antibiotikum verabreicht. 
  • Während das iTIND implantiert ist, sollten Sie jede Form von sexueller Aktivität oder anstrengenden Tätigkeiten wie schweres Heben, Radfahren, Joggen, Aufsitzrasenmähen oder ähnliche Tätigkeiten mit vibrierenden Bestandteilen, vermeiden.

Das Entfernen des iTIND

Die Entfernung wird ebenfalls in leichter Sedierung vorgenommen. Bitte bringen Sie jemanden mit, der Sie nach Hause begleiten kann. Die meisten Patienten fühlen eine sofortige Verbesserung der Symptome direkt nach der Entfernung des iTIND und haben einen guten Harnstrahl. Sollten Sie nach der Explantation nicht in der Lage sein zu urinieren, so kann ein Katheter kurzzeitig notwendig sein, um Ihrer Blase zu helfen sich zu entspannen. Der Katheter wird in der Regel nach kurzer Zeit wieder entfernt und Sie können nach Hause entlassen werden. 

Sie können in der Regel zu Ihren normalen Aktivitäten innerhalb von 1 – 2 Tagen nach dem Entfernen zurückkehren. 

Geringe Mengen von Blut können im Urin für ein paar Tage nach der Behandlung sichtbar sein.

Medikamentöse Therapie

Bei signifikanten Beschwerden, die den Patienten stören oder in seinem täglichen Leben beeinträchtigen, ist die Einleitung einer medikamentösen Therapie indiziert. Hier gibt es mehrere Medikamentengruppen, die zur Anwendung kommen und teilweise auch miteinander kombiniert werden können.

Pflanzliche Präparate

Es existieren mehrere Phytotherapeutika (Kürbis, Sägepalme oder Roggenextrakte, afrikanische Gräser), die bei leicht ausgeprägten Beschwerden eingesetzt werden können. Insgesamt gibt es wenige Studien zu pflanzlichen Präparaten, wobei die Wirkung von Serenoa repens (Sägepalme) noch am besten durch Studien abgesichert ist.

Alpha-Blocker

Dies sind Medikamente, die gezielt bestimmte Rezeptoren (α1A-Rezeptoren) am Blasenhals blockieren, wodurch eine Erweiterung der Muskulatur am Blasenhals erfolgt. Ein Wirkungseintritt im Sinne der Abnahme der Drangsymptomatik und der Häufigkeit des nächtlichen Wasserlassens ist nach einigen Tagen zu erwarten. Als Nebenwirkungen unter der Therapie können beispielsweise Schwindel oder niedriger Blutdruck auftreten. Vertreter dieser Medikamentengruppe sind beispielsweise Tamsulosin, Silodosin, Terazozin, Alfuzosin.

5α-Reduktasehemmer

Diese Medikamente verkleinern die Prostata indem ein Zwischenschritt der Testosteronsynthese gehemmt wird, was zu einer Verkleinerung der Prostata führt. Mit einem Wirkungseintritt ist nach 2-3 Monaten zu rechnen. Zu beachten ist, dass durch 5-a-Reduktasehemmer der PSA-Wert halbiert wird. Vertreter dieser Medikamentengruppe sind beispielsweise Finasterid oder Dutasterid.

Eine Möglichkeit besteht auch in der Kombination von Alpha-Blockern und 5α-Reduktasehemmern. In der „COMBAT“-Studie, bei der die Monotherapie von Dutasterid und Tamsulosin mit der Kombinationstherapie über einen Zeitraum von 4 Jahren verglichen wurde, konnte eine Verbesserung des maximalen Harnstrahles sowie eine Reduktion des Risikos, einen Harnverhalt zu erleiden, nachgewiesen werden (Roehrborn CG et al. Eur Urol 2010:57:123–131).

Anticholinergika

Störende Beschwerden, wie vermehrtes Wasserlassen, können mit Anticholinergika behandelt werden. Dies sind Medikamente, die die Blasenmuskulatur hemmen und somit das gehäufte Signal zur Entleerung der Harnblase reduzieren. Das Risiko für einen Harnverhalt ist gering. Als Nebenwirkungen unter der Therapie können beispielsweise trockene Schleimhäute oder Schwindel auftreten. Bei erhöhtem Augeninnendruck (Grüner Star) sollten diese Medikamente nicht eingenommen werden. Vertreter dieser Medikamentengruppe sind beispielsweise Trospium, Oxybutinin oder Tolterodin.

Phosphodiesterasehemmer

Auch eine Behandlung mit dem Phosphodiesterasehemmer Tadalafil, welcher eigentlich bei Erektionsstörungen eingesetzt wird, ist möglich, was zusätzlich zu einer Verbesserung der erektilen Funktion führen kann.