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Harnröhrenverengung
Harnröhrenstrikturen (Harnröhrenverengung) sind narbige Verengungen der Harnröhre durch vorausgelaufene Entzündungen oder stattgehabter Traumata und verursachen eine subvesikale Obstruktion, d.h. unzureichende und/oder erschwertes Wasserlassen oder komplette Unmöglichkeit des Wasserlassens. Als Folge der Obstruktion entsteht eine deutliche Einschränkung der Lebensqualität der betroffenen Patienten durch Miktionsbeschwerden.
Entsprechend der Lage der Striktur werden sie in membranöse, bulbäre, proximal penile oder distal penile eingeteilt. Entsprechen der Länge werden sie in kurz- oder langstreckige Strikturen eingeteilt.
Die „vordere Harnröhre“ umfasst den am Beckenboden fixiert verlaufenden Teil (bulbäre Harnröhre), den in der Pars pendulans (im Penisschaft) und den in der Glans (in der Eichel) befindlichen Abschnitt (penile und glanduläre Harnröhre). Als „hintere Harnröhre“ wird der Verlauf durch die Prostata (prostatische Harnröhre) und die Beckenbodenmuskulatur (membranöse Harnröhre) bezeichnet. Die Harnröhre wird in unterschiedliche Abschnitte unterteilt, die unterschiedlich häufig von Strikturen betroffen sind. Bulbäre Strikturen sind die häufigsten (circa 50 %), seltener sind penile Engen (circa 30 %) und solche der Fossa navicularis (circa 20 %).
In fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung wird der gesamte Harntrakt in Mitleidenschaft gezogen mit konsekutivem Verlust der Nierenfunktion sowie Verlust der Blasenmuskelkraft (Blasenatonie). Diese Erkrankung kann prinzipiell in jedem Alter entstehen, selten auch bei Frauen. Ein ähnliches Krankheitsbild kann bei altersbedingter Prostatavergrößerung der älteren Männer entstehen. Deswegen muss diese Erkrankung unbedingt rechtzeitig erkannt und entsprechend behandelt werden. Die Prävalenz wird in den Industrieländern auf etwa 0,9 % geschätzt (Anger JT et all., 2011).
Fast alle Harnröhrenstrikturen sind erworben. Der mit 45 % häufigste Anteil der Strikturursachen bilden die iatrogene Strikturen, d.h. Folge urethraler Manipulationen (traumatische Dauerkatheteranlage, transurethrale Eingriffe, Hypospadie-Korrekturen, Prostatektomien, Strahlentherapie des Prostatakarzinoms. Die Wahrscheinlichkeit einer Entwicklung der Harnröhrenstriktur liegt nach transurethraler Resektion der Prostata (TUR-P) als dem häufigsten Prostataeingriff bei 3–5 % (Santucci et al. 2002). Risikofaktoren für die Strikturentstehung nach Katheterisierung sind: Latexkatheter, dicklumige Katheter, Schock, intensivpflichtige Patienten, Harnwegsinfektion. Die TUR-Prostata mit Antibiotikaprophylaxe und Reduktion der Katheterliegezeit senkt die Strikturrate. Die narbige Enge des Harnblasenauslasses ist eine typische Komplikation nach TUR-Prostata.
Als weitere Ursache einer Harnröhrenstriktur kommt die Verletzung der membranösen Harnröhre mit traumatischem Harnröhrenabriss im Rahmen einer Beckenfraktur infrage mit einer narbigen Defektheilung zu einer hinteren Harnröhrenstriktur. Das direkte Dammtrauma führt zur Prellung der bulbären Harnröhre mit konsekutiver Strikturentstehung. Eine Vielzahl von Traumata verlaufen initial ohne Beschwerden und komplikationslos, sodass bei der Entwicklung einer Harnröhrenstriktur nach Jahren wird das Trauma häufig vom Patienten nicht mehr erinnert.
Außerdem können bakterielle Urethritiden (Harnröhrenentzündungen) zur Striktur führen (etwa 20 %), klassischerweise die unbehandelte Gonorrhoe. die Gonorrhö hatte früher einen hohen Anteil bei der Genese der vorderen Harnröhrenstrikturen, durch eine rechtzeitige Antibiotikatherapie ist diese nun seltener geworden. Für andere Urethritis-Erreger ist die Beziehung zwischen Infektion und Entstehung einer Harnröhrenstriktur nicht ausreichend geklärt.
Eine weitere entzündliche Erkrankung, die mit (distalen) Harnröhrenverengungen einhergeht, ist die Balanitis xerotica obliterans (BXO), eine chronisch entzündliche Erkrankung der Penishaut und der Glans penis, deren genaue Ursache nicht bekannt ist. Balanitis xerotica obliterans führt mit zunehmender Häufigkeit zu Strikturen der Fossa navicularis. In der Folge kann durch Urinextravasation in die Littre’schen Drüsen eine narbige Strikturerkrankung der gesamten Harnröhre entstehen.
Angeborene Harnröhrenstrikturen sind sehr selten.
Ursachen der Harnröhrenstrikturen (Dtsch Ärztebl Int 2013)
Der Anteil idiopathischer (ungeklärter Ursache) Strikturen liegt bei circa 30 % (Lumen et al. 2009). Hierbei kommt am ehesten ein länger zurückliegendes und nicht erinnerliches Bagatelltrauma (zum Beispiel perineales Trauma beim Fahrradfahren) als Auslöser in Betracht.
Bei jüngeren Patienten unter 45 Jahren gelten als die häufigsten Ursachen für Strikturbildung die Hypospadiekorrekturen und Beckentraumata als definierte Ursache. Bei über 45-jährigen Patienten sind das transurethrale Eingriffe.
Bulbäre Strikturen sind die häufigsten (circa 50 %), seltener sind penile Engen (circa 30 %) und solche der Fossa navicularis (circa 20 %) Wein et al. (Cambell-Walsh Urology 2012). Engen der hinteren Harnröhre sind insgesamt selten und Folge entweder eines traumatischen Harnröhrenabrisses oder einer Radiotherapie im Rahmen eines Prostatakarzinoms.
Subjektive Symptome sind ein abgeschwächter (senkrechter) und dünner Harnstrahl, verlängerte Wasserlassenzeit, verzögerter Beginn des Wasserlassens, Harnstottern, Nachträufeln, erhöhte Wasserlassenfrequenz, Restharngefühl, imperativer Harndrang, Dranginkontinenz, perineale und peniele Schmerzen bei der Miktion. In späten Stadien kann auch eine Nierenschädigung mit Niereninsuffizienz resultieren.
Weiterhin stellen Harnwegsinfekte wie eine Prostatitis oder Epididymitis typische Komplikationen dar, die die Patienten zu einer Vorstellung haben. Einige Patienten stellen sich erstmals mit einem akuten Harnverhalt vor: Am Anfang der Krankheit schafft die Harnblase den erhöhten infravesikalen Widerstand durch eine Detrusorhypertrophie (Verdickung der Harnblasenmuskel) zu überwinden. Das führt zu einer Erhöhung des intravesikalen Drucks während der Miktion, und sonographisch kann eine Verdickung der Blasenwand festgestellt werden. Hierdurch kommt es zu einer Dekompensation der Entleerungsfunktion und zur Restharnbildung, die bis zum Harnverhalt führen kann. In letzter Konsequenz führen diese Veränderungen zu einer sekundären Harnstauung oder zu einem Hochdruckreflux, was jeweils einen Nierenfunktionsverlust zur Folge haben kann.
Um den Grad der Beschwerden zu objektivieren werden unter anderem ein Symptom-Fragebogen IPSS (International Prostate Symptom Score) von der gutartigen Prostatavergrößerung (BPH) und zur Ausfüllung zur Verfügung gestellt, um so eine Objektivierung der Wasserlassen-Beschwerden sowie die Einschränkung der Lebensqualität (bedingt durch den Widerstand unterhalb der Harnblase, die sogenannte infravesikale Obstruktion) zu erreichen. Eine weitere objektive Validierung von Potenz und Kontinenzstatus kann mittels der standartisierten Fragebögen (IIEF, ICSSF) erreicht werden.
Symptom-Fragebogen IPSS (International Prostate Symptom Score)
Die zugrundeliegenden Prozesse der Harnröhrenstriktur bestehen in der narbigen Veränderung der Harnröhre.
Beim Mann ist auch der Schwellkörper der Harnröhre, also das Corpus spongiosum in den Narbenprozess miteinbezogen, in den die Urethra eingebettet ist. Diese „Spongiofibrose“ ist eine hyperplastische Reaktion auf unterschiedliche auswärtige Reize und kann zu einem kompletten Ersatz des spongiösen Harnröhrengewebes durch Narbengewebe führen.
Bei Patienten mit einer urologischen Vorgeschichte kann die Entstehung der Harnröhrenstriktur unter anderem mit endourologischer Diagnostik und Therapie im Zusammenhang stehen.